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Die Energiewende beschleunigen: USV-Systeme als Energiespeicher nutzen
22. März 2019 -

Der globale Kohlendioxidausstoß muss sinken und dafür ist die Energiewende weltweit absolut notwendig. Das zeigt unter anderem der Sonderbericht des IPCC vom
8. Oktober 2018: bereits eine Erderwärmung um 1,5 Grad Celsius hat weitreichende Folgen. Um diese 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, sollte der weltweite Kohlendioxidausstoß 2020 seinen Höhepunkt erreichen und danach deutlich abnehmen. Bis 2050 muss die Treibhausgasneutralität erreicht sein, so der IPCC Sonderbericht. Dafür sind drastische Maßnahmen notwendig. Die Kosten allein für den Umbau des Energiesektors betragen laut IPCC bis 2035 etwa 2,1 Billionen Euro. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, werden die Kosten noch erheblich höher. Laut Hochrechnung bleibt nur ein Jahrzehnt für den weiteren Umbau.

Doch wie sieht der Umbau hierzulande aus? Aktuell beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien im deutschen Strommix rund 40 Prozent und soll bis zum Jahr 2030 auf einen Anteil von 65 Prozent steigen. So hat es die Bundesregierung im aktuellen Koalitionsvertrag verabschiedet. Wasserkraft ist eine konstante, niedrige Größe und in Deutschland mehr oder minder ausgeschöpft. Wind- und Solarkraftwerke sind noch ausbaufähig. Doch hier tun sich Hürden auf: beispielsweise die Stromverteilung von Offshore-Windstrom von der Nordsee in den Süden des Landes. Denn die Bürger wollen keine Stromtrassen in Form von Hochspannungsleitungen vor der Haustür haben. Vor allem aber liefern Solar- und Windkraftwerke wetterabhängig und daher sehr schwankend Strom. Das führt zu insgesamt noch höheren Strompreisen – in Deutschland mit im Schnitt 17,20 Cent je kWh in 2018 nach Italien bereits jetzt die höchsten in Europa.

Herausforderungen der Energiewende

Wenn die restlichen Atomkraftwerke bis Ende 2022 abgeschaltet und fossile Energiequellen wie Kohle- oder Gaskraftwerke vermehrt vom Netz genommen werden müssen, stellt sich die Frage: Könnte es neben höheren Strompreisen vermehrt zu Engpässen oder gar teilweiser Unterversorgung kommen? Denn 2018 betrug der Kohlekraftanteil am deutschen Energiemix immer noch 38 Prozent*. Außerdem müssen sich Energieverbrauch und -erzeugung zur Aufrechterhaltung der benötigten Netzfrequenz von 50 Hertz die Waage halten. Unter 49,8 Hertz braucht es Reserve- oder Regelleistung zum Ausgleich. Unter 49 Hertz muss stufenweise Netzlast abgeworfen werden. Ab 47,5 Hertz müssen Kraftwerke vom Netz genommen werden und der Blackout tritt ein.  

Auch ist der Energieverbrauch in Deutschland immer noch zu hoch. Mit einer Energieeffizienzstrategie möchte die Bundesregierung den Verbrauch bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent im Vergleich zu 2008 senken. Aber im Jahr 2017 betrug der Rückgang des Primärenergieverbrauchs (PEV) in Deutschland gerade einmal sechs Prozent gegenüber 2008.

Eine Menge Herausforderungen, die zwangsläufig die Frage aufwerfen: Wie kann die Energiewende trotzdem gelingen?

Kreative Energiespeicher braucht das Land

Wie so oft wird es wohl nicht eine große Lösung geben, sondern viele kleine Beiträge werden letztlich zum Ziel führen. Eine vielfach propagierte Lösung ist die Energiespeicherung zu Zeiten hoher Stromerzeugung und die Rückführung ins Netz bei wenig Wind und Sonne in Form von Regelleistung aus Energiespeichern – zur Stabilisierung des Netzes. Doch wie und wo kann Energie in großem Stil gespeichert werden?

Statische USV-Systeme sind dafür sehr gut geeignet. Sie werden bereits in großem Stil in jedem Rechenzentrum aber auch in sonstigen kritischen Infrastrukturen wie Krankenhäusern, Telekommunikationsunternehmen, Produktionsstätten oder Ver- und Entsorgungsunternehmen eingesetzt. Bisher war ihre Funktion, die Stromversorgung bei Netzausfällen als Back-up aufrecht zu erhalten sowie Spannungsschwankungen auszugleichen. Statische USV-Systeme verfügen bereits über Batterien, um Strom zu speichern und bei Bedarf abzugeben. Mit einer entsprechenden Modernisierung lassen sie sich so steuern, dass sie Strom aus dem Netz speichern und bei Bedarf im eigenen Unternehmen nutzen oder ins öffentliche Netz einspeisen. So entstehen für die Betreiber von Rechenzentren neue finanzielle Möglichkeiten: einerseits, wenn sie gespeicherten Strom ins öffentliche Netz einspeisen können und dafür vergütet werden, andererseits, wenn sie gespeicherten Strom selbst nutzen und sich damit unabhängiger von den äußeren Rahmenbedingungen machen. Die USV-Anlage ist kein reines Back-up mehr. Rechenzentren und sonstige kritische Infrastrukturen mit USV-Ausstattung werden vom Stromverbraucher zum Stromprosument.

Garantierte Erlöse oder Einsparpotenziale – virtuelle Kraftwerke

Diese Möglichkeit lässt zwei Branchen zusammenrücken: Energieunternehmen und Technologieanbieter. So haben das Energieunternehmen E.ON und Vertiv ihr Know-how auf dem Gebiet der Energielösungen für kritische Infrastrukturen zusammengeführt. Die Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Rechenzentren bekommen die Möglichkeit, ihre Energieinfrastruktur so zu modernisieren, dass sie am Regelenergiemarkt teilnehmen können. Bei dieser komplexen Lösung entwickelt und installiert Vertiv die technische Infrastruktur, während E.ON die Schnittstelle zum Energiemarkt bildet. Das USV-System mit Batterie wird dabei Teil des virtuellen Kraftwerks von E.ON. Darin aggregiert das Energieunternehmen die verschiedenen Erzeuger und Verbraucher und übernimmt die Stromvermarktung. Rechenzentren sowie Gewerbe- und Industriekunden erhalten so für die Einspeisung ins Netz einen garantierten Erlös. Alternativ können sie den gespeicherten Strom selbst nutzen und damit Energiekosten einsparen.

USV als Energiespeicher – positive Marktaussichten

Der globale Markt für Battery Energy Storage Systems (BESS), zu denen auch USV-Anlagen, die Strom speichern, zählen, sieht sehr positiv aus: 2024 sollen 81 GWh in Battery Energy Storage Systems (BESS) gespeichert werden, derzeit sind es gerade einmal 14,8 GWh. Und EMEA soll daran hinter APAC den zweitgrößten Anteil haben. (siehe Abb.1)

„Abb. 1: Globale Energiespeicherinstallationen mittels Battery Energy Storage Systems (BESS).“
Quelle: Blomberg New Energy Finance – 2016

Der Markt für Energiespeicherung mittels USV soll im Jahr 2026 weltweit 3,5 GW ausmachen bzw. einen Umsatz von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar erzielen**.

Im Rahmen einer Simulation wurde für die USV in einem Rechenzentrum in Irland mit einer Leistung von 20 MW, einer adressierbaren Last von 9600 kW und einer verfügbaren USV-Energie von 320 kWh im Rahmen eines Fünfjahresvertrages mit dem Energieunternehmen, das als virtuelles Kraftwerk auftritt, pro Jahr ein Umsatz von 1.400.000 Euro errechnet. Gute Umsatzmöglichkeiten für alle Rechenzentrumsbetreiber!

Noch wird dieses Potenzial zu wenig genutzt, doch der Einstieg ist gar nicht so schwer. Darauf sollte geachtet werden, wenn es darum geht, USV-Systeme fit für die Energiewende zu machen:

  • Hohe Energieeffizienz der USV

Je höher der Wirkungsgrad, vor allem auch bei geringen Lasten, desto besser die Energieeffizienz einer USV-Anlage und desto geringer die Verluste beim Speichern und wieder Einspeisen ins Netz. Das wirkt sich positiv auf den Energieverbrauch und die Gesamtbetriebskosten aus. Neue USV-Systeme können eine Effizienz von bis zu 99 Prozent erreichen.

  • Batterieart

Lithium-Batterien sind kleiner, leichter und haben eine größere Anzahl von Lade-Entladezyklen als herkömmliche Bleibatterien, die in vielen kritischen Infrastrukturen noch im Einsatz sind. Neben einer längeren Lebensdauer erreichen Lithium-Batterien auch eine höhere Energiedichte und funktionieren in einem breiteren Temperaturbereich. Für den Einsatz am Energiemarkt sind Lithium-Batterien damit hervorragend geeignet und im Vergleich zu herkömmlichen Bleibatterien die bessere Wahl.

  • Flexibel skalieren können

Je breiter eine USV-Anlage in Bezug auf die Größe ausgelegt ist – also von ein paar 100 kVA bis zu ein paar MVA – umso flexibler ist sie einsetzbar. Ist das System zudem modular und im laufenden Betrieb skalierbar, kann die Anlage jederzeit einfach erweitert werden. Das ist insbesondere von Vorteil, wenn man die USV als Energiespeicher erst einmal ausprobieren und diese Funktion später erweitern möchte.

  • Geringer Aufwand für Wartung und Service

Je mehr mechanische Komponenten eine USV-Anlage enthält, desto intensiver ist sie in der Wartung. Statische USV-Systeme haben keine mechanischen Komponenten und sind in diesem Punkt eindeutig im Vorteil gegenüber rotierenden Anlagen, die zur Wartung teilweise zurück in die Fabrik müssen. Im Übrigen sollten USV-Systeme auch immer über ein integriertes Ferndiagnose-Tool verfügen, damit bei etwaigen Problemen nicht sofort ein Fachmann vor Ort sein muss und Reparaturen trotzdem schnell möglich sind. Außerdem ist eine vorbeugende Wartung möglich.

  • Gewicht der USV

Je weniger das Gewicht der USV-Anlage pro MW Last beträgt, desto vorteilhafter ist das für den Transport und die Installation. Außerdem sind die Anforderungen an die Gebäudeausstattung geringer.

  • Geringer Platzbedarf der USV

Je weniger Stellfläche in Quadratmeter je MW benötigt wird, desto mehr Energie kann im Rahmen des verfügbaren Platzangebotes ggf. gespeichert werden.

Chancen erkennen und nutzen

Auch wenn USV-Anlagen allein die Herausforderungen der Energiewende in puncto Energiespeicherung nicht stemmen werden: Sie können mit wenig Aufwand einen wichtigen Anteil zu den erforderlichen Energiespeicherkapazitäten beitragen. Denn die Kosten für die Nachrüstung amortisieren sich schnell und danach lassen sich zusätzliche Umsätze und Gewinne erzielen. Jetzt liegt es an allen Unternehmen, die USV-Anlagen nutzen oder ihre Nutzung planen, dieses neue Einsatzszenario für sich zu entdecken. Denn viele kleine Beiträge können Großes bewirken.