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Kosten für IT-Klimatisierung transparent ermitteln
18. Februar 2016 -

Rechenzentren sind langfristig angelegte Investitionen mit Betriebszeiten zwischen 15 und 20 Jahren. Für diese Zeitspanne muss auch die Infrastruktur ausgelegt sein. Wer diese Investitionen vernachlässigt, zahlt spätestens bei den Betriebskosten drauf. Denn: In den vergangenen Jahren sind trotz effizienterer Server Strom- und Kühlbedarf stark gestiegen, während die Virtualisierung der IT für eine deutlich höhere Auslastung der Server sorgt.

Eine im Jahr 2014 von IDC im Auftrag von Rittal durchgeführte Untersuchung ergab ein Durchschnittsalter für Rechenzentren von sieben Jahren. Die von IDC befragten IT-Manager mittelständischer Unternehmen gaben an, Rechenzentrum mit durchschnittlich 15,5 Grad Celsius zu betreiben, in Deutschland sind es im Schnitt 18,4 Grad. So verwundert es nicht, dass fast 60 Prozent der Rechenzentren lediglich einen Power Usage Effectiveness-Wert (PUE) von 2,0 erzielen. Der PUE-Faktor ist ein Leitwert für die Energieeffizienz und liegt bei sehr guten Anlagen bei 1,2. Warum Rechenzentren hinter den Industrievorgaben zurückfallen, kann eine ganze Reihe von Gründen haben. Meist sind jedoch veraltete und ineffiziente Kühlsysteme daran beteiligt.

Grundlagen der Klimatisierung

Rechenzentren werden heute noch sehr häufig über den Doppelboden gekühlt. Die kalte Luft wird über eine zentrale Klimaanlage zur Verfügung gestellt und dann über den Doppelboden verteilt. Das Konzept ist einfach und günstig umzusetzen und eignet sich für eine Verlustleistung von bis zu 5 kW pro IT-Rack. Werden Kalt- und Warmluftzonen durch eine Gangeinhausung baulich getrennt, sind auch Werte bis zu 10 kW Verlustleistung möglich. Allerdings zieht dieses Raumkonzept einige Unzulänglichkeiten nach sich, die mit steigenden Stromkosten und der technischen Hochrüstung der Server immer deutlicher werden. So kann die kalte Luft im Doppelboden unter Umständen nur ineffizient verteilt werden. Rohre, Träger, Kabelbäume und bauliche Hindernisse bremsen den Luftstrom und verursachen einen höheren energetischen Aufwand zur Umwälzung der Kaltluft noch bevor sie überhaupt die Server erreicht. Durch Fehlen einer Abtrennung von Warm- und Kaltluft oder Leckagen in dieser Abtrennung kann eine Vermischung der Luftströme stattfinden. Dies sollte als Sicherheit eingeplant werden und vermindert die Kühlkapazität und Effizienz des Gesamtsystems.

Mehr Effizienz bietet da schon die Reihenklimatisierung, die ohne Doppelboden zur Luftführung auskommt. Hierbei werden einzelne Racks mit den in der Rackreihe aufgestellten Kühlgeräten gekühlt, wobei eine Einhausung des Kaltbereichs vor den Racks oder Warmbereichs hinter den Racks für die Trennung von kalter Luft an der Vorderseite und der ausgeblasenen Warmluft an der Rückseite sorgt. Das Prinzip eignet sich für Racks bis 15 kW Verlustleistung.

Noch effizienter arbeiten Systeme basierend auf direkter Rackklimatisierung. Sie nehmen die entstehende Wärme direkt von der Rückseite der Racks auf, kühlen die Luft mit Wärmetauschern herunter und blasen sie wieder an der Front ein. Diese Systeme erzielen auch eine deutlich höhere Kühlleistung pro Quadratmeter. Das ist eine wichtige Voraussetzung für moderne Serversysteme, die sehr viel Abwärme pro Flächeneinheit produzieren. Wer also höchste Rechenleistung mit einer heterogenen IT-Infrastruktur erreichen möchte, fährt mit diesem Klimakonzept sehr gut.

Kosten für die Anschaffung

In die Entscheidungsfindung für eine IT-Modernisierung fließen auch die Anschaffungs- und Betriebskosten für die Klimatechnik ein. Hierbei sind beispielsweise der Leistungsbedarf der in den Racks installierten IT-Komponenten und Server, die vorhandene Gebäude- und Klimatechnik sowie regionale Klimabedingungen zu berücksichtigen. Spezialanbieter für Rechenzentren haben hierfür komplexe Berechnungsverfahren entwickelt. Es macht für Unternehmen daher Sinn, bei der Planung auf das externe Fachwissen dieser Anbieter zurückzugreifen.

Vergleichsweise einfach sind die Anschaffungskosten zu bestimmen. An erster Stelle stehen die Aufwendungen für neue Klimageräte. Weiterhin fallen Kosten für den Leitungsbau an, um neue Rohre für das genutzte Kältemedium wie zum Beispiel Wasser zu verlegen. Eventuell sind auch die Anschaffungskosten für den Doppelboden oder die Gangeinhausung zu addieren. Zu den weiteren Installationsarbeiten zählen die Planung und Anbindung der Klimatechnik an die elektrische Stromversorgung und Einbindung in die Gebäudetechnik. Dazu kommen noch Kosten für die Anlieferung, den Aufbau und die Inbetriebnahme der gesamten Klimatechnik. Handelt es sich um einen Umbau der Infrastruktur, können zusätzlich auch Kosten für den Stillstand der IT auftreten.

Ein weiterer Kostenblock ist das Monitoring von Temperaturen, um zu prüfen, ob die geforderte Kühlleistung auch tatsächlich an den Servern ankommt. Gerade bei der Umluftklimatisierung sind die Kühlaggregate oftmals recht weit weg von den Servern platziert. Daher werden meist zusätzliche Messpunkte direkt am Rack notwendig, um sicher festzustellen, dass ausreichend kühle Luft an den Servern ankommt. Schließlich ist das Monitoring in die bestehende Gebäudetechnik zu integrieren, damit das Kühlsystem automatisch Alarmmeldungen an die Gebäudeüberwachung sendet.

Betriebskosten im Blick

Um die laufenden Betriebskosten zu ermitteln, ist vor allem die Leistungsaufnahme der Klimatechnik zu berücksichtigen. Dies sind die Klimageräte, die Chiller und Freikühler sowie die Pumpen. Individuell je nach Standort sind thermische Unterschiede der Jahreszeiten zu ermitteln. Weiterhin fließen in die Gesamtkalkulation thermische Parameter wie Vorlauf- und Rücklauftemperaturen ein. Diese sind sehr individuell, da sie sich aus den Betriebsparametern der IT-Komponenten sowie der installierten Klimatechnik ergeben. Ebenfalls variabel ist die Nutzung der IT-Landschaft und damit auch die benötigte Kühlleistung. Bei den meisten mittelständischen Unternehmen wird dies ein typischer Tag-/Nachtbetrieb der IT-Systeme sein.

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Eine Gegenüberstellung von Anschaffungs- und Betriebskosten zeigt, dass die klassische Raumklimatisierung auf Dauer wirtschaftlich weniger rentabel ist.

Beispielrechnung

Wie sich die Kosten für Anschaffung und Betrieb entwickeln, zeigt eine Beispielrechnung. Hierbei wurden drei Szenarien mit unterschiedlichen Klimakonzepten angenommen, die alle eine maximale Verlustleistung von 120 bis 125 kW erzeugen. Die gewählten Konzepte stehen als Beispiel für unterschiedliche Anwendungen mit unterschiedlichem Leistungsbedarf. Das heißt jedoch nicht, dass sich diese Konzepte auch für alle Workloads der jeweiligen Leistungsklasse eignen – hier sollte in jedem Fall eine individuelle Beratung stattfinden, da jede IT-Landschaft individuelle Eigenschaften besitzt.

Die Umgebung 1) nutzt Raumklimatisierung mit Kaltgangeinhausung und arbeitet mit einer Verlustleistung je IT-Schrank von 7 kW. In die Kalkulation für diese Umgebung flossen 18 Serverschränke sowie vier Umluftklimageräte als CW-Geräte (Chilled Water; Kaltwasser) ein. CW ist ein Kältesystem, bei dem die Wärme der Raumluft mit einem wassergekühlten Umluftklimagerät aufgenommen wird. Hinzu kommen die Aufwendungen für die Kaltgangeinhausung, Rohrverlegung sowie Chiller und Freikühler. Die Anschaffungskosten wurden vereinfacht mit exemplarisch rund 170.000 Euro berechnet.

Im Szenario 2) für Reihenklimatisierung wurde eine Verlustleistung pro IT-Schrank von 15 kW inklusive Kaltgangeinhausung angenommen. Die Anschaffungskosten setzen sich zusammen aus acht Serverschränken, sechs Reihenklimageräten, Kaltgangeinhausung, Verrohrung sowie Chiller und Freikühler. Die Gesamtsumme wurde auch hier vereinfacht mit 210.000 Euro angesetzt.

Das Szenario 3) setzt auf Rackklimatisierung und 25 kW Verlustleistung pro Schrank. Die Anschaffungskosten umfassen fünf Serverschränke, sechs Rackkühlgeräte, Verrohrung, Chiller und Freikühler. Die Kosten: rund 195.000 Euro.

Fazit

Zu den Vorteilen der Raumklimatisierung gehört, dass sich ganze Racks oder Schrankreihen im Rechenzentrum bewegen lassen, falls ein Umbau der IT notwendig wird. Bei der Reihen- und Rackklimatisierung ist man weniger flexibel, da die Reihenklimageräte durch die Anbindung an Kaltwasserleitungen einen festen Platz haben.

Raum-, Reihe- bis Rackklimatisierung unterstützen heterogene und homogene IT-Landschaften gleichermaßen. Gerade bei der Rackklimatisierung müssen sich Betreiber kaum Gedanken über heterogene Systeme machen. Bei dem Raumkonzept führen jedoch stark belastete Schränke zu Wärme-Hotspots. Dies führt dann oftmals zu einer Überkühlung anderer Schränke, wodurch die Effizienz des Gesamtsystems sinkt bzw. die Kosten steigen. Eine gute Lösung ist hier der Aufbau eines Gesamtsystems: Hier werden die Klimakonzepte kombiniert, um so unterschiedliche Leistungsdichten entsprechend effizient zu kühlen.

fri1520139de

Die verschiedenen Klimatisierungskonzepte und für welche Verlustleistung pro Rack sie sich eignen. Für den klassischen Mittelstand lohnt sich eine Reihenkühlung mit Gangeinhausung. Wer höchste Rechenleistung im Rechenzentrum bereitstellen muss, sollte auf Rackkühlung zurückgreifen.

Die Gegenüberstellung von Anschaffungs- und Betriebskosten in der Grafik zeigt anschaulich, wann sich welches Klimakonzept rechnet. Die günstige Anschaffung der Raumklimatisierung reißt auf Dauer ein Loch in das IT-Budget. Schon nach 2,5 Jahren ist die Reihenklimatisierung günstiger im Betrieb. Wer dauerhaft eine hohe Leistungsdichte im Rechenzentrum kühlen muss, fährt mit der Rackklimatisierung finanziell am günstigsten.

Siegel-Tim
Tim Siegel, IT-Systemingenieur, Rittal, Herborn

Kerstin Ginsberg, PR-Referentin IT, Rittal, Herborn